Am 28. Juni 2025 fand in der Odenwaldhalle die Verleihung der Abiturzeugnisse am Gymnasium Michelstadt statt. Oberstudiendirektor Richard Knapp und Studienleiter Michael Kinstler nahmen in diesem Jahr letztmalig vor Antritt ihrer Pension die Übergabe der Abiturzeugnisse in den jeweiligen Leistungskursen vor. Da hatte aber bereits Abiturientin Andra Crut mit dem aussagekräftigen Titel „When we were young“ von Adele umjubelt die Feierlichkeit eröffnet.
Mit aufrichtiger Wertschätzung und herzlichen Worten würdigten auch die Tutorinnen und Tutoren die Entwicklung und die Leistungen der Abiturientinnen und Abiturienten während der letzten beiden Schuljahre. Dabei zeigten sich mitunter besondere Verstrickungen: Studienrätin Simone Teuchgraber überraschte beispielsweise ihren Englisch-Leistungskurs mit Socken, die sie in den vergangenen beiden Jahren individuell für jeden ihrer Schützlinge gefertigt hatte.
Für diese zwischenmenschlichen Momente dankte Knapp den Lehrkräften genauso ausdrücklich wie für ihren unermüdlichen fachlichen Einsatz, nicht bloß in den schriftlichen und mündlichen Prüfungen. Während er das kollegiale Engagement betonte, übte er jedoch an der terminlichen Gestaltung der Abiturpläne durch das Ministerium deutliche Kritik. Und er rief die Schülerinnen und Schüler eindringlich zu gesellschaftlichem und politischem Engagement für das Gemeinwesen auf. Er forderte sie auf, die Meinungsführerschaft bei Zukunftsfragen wie der Bewahrung der Demokratie nicht denen zu überlassen, die mit überhöhtem Selbstbewusstsein, aber ohne Kompetenz agierten. Eigene Urteilskraft und persönliches Engagement seien stärker denn je gefragt.
Oliver Grobeis sprach in seinem umfangreichen Grußwort als Erster Kreisbeigeordneter nicht nur den Absolventinnen und Absolventen seine Glückwünsche, sondern lobte auch das Engagement der Eltern, das einen wichtigen Beitrag zum Gelingen der Schullaufbahn leiste. Genau dieser Teil der Schulgemeinde überraschte die Versammlung, als erstmals in der Geschichte der Abiturfeiern am Gymnasium Michelstadt ein Vertreter der Elternschaft das Wort ergriff: In humorvoller Weise zog Professor Martin Klose eine kurze Bilanz aus Sicht der Erziehungsberechtigten, gepaart mit Glückwünschen und der Aufforderung, sich in Initiativen, Vereinen und im politischen Leben zu engagieren.
Neben einem weiteren Song – Abiturientin Emma Pilger präsentierte „Unwritten“ von Natasha Bedingfield – wartete nun auch die Rede der vom Abiturjahrgang dafür auserwählten Lehrkräfte auf das Publikum. Diesem Wunsch entsprachen die Studiendirektoren Michael Kinstler und Christiane Schwermer, die in ihrem propädeutisch-pädagogisch angelegten Zwiegespräch aufzeigten, welche Tragweite die Weiterentwicklung der so genannten künstlichen Intelligenz für die Zukunft haben könnte. Sie mahnten, dass gerade in einer Zeit, die so sehr von Algorithmen bestimmt werde, die Verantwortung doch beim Menschen liege. Die Zukunft brauche „nicht nur IT-Experten, sondern Menschen mit Urteilskraft, mit ethischer Sensibilität, mit dem Mut, Fragen zu stellen“. Gemäß dem Schulmotto „Sapere aude!“ solle die junge Generation sich nicht „durch Algorithmen einlullen“ lassen. In diesem Sinne sei das Motto Immanuel Kants – der Kategorische Imperativ als eine andere Form von KI – nicht nur „ein schöner Spruch auf Schulhoodies“, sondern „ein Aufruf zur intellektuellen Wachsamkeit“. Die gymnasiale Bildung sehen Schwermer und Kinstler als Grundlage dafür und erklärten mit einem Zitat aus Heinrich Spoerls Roman „Feuerzangenbowle“, dass es um „geistiges Besitztum“ gehe, „das man nicht kaufen, aber auch nie mehr verlieren kann“.
Einen ebenfalls reifen Diskussionsbeitrag schenkte Schulsprecherin Helene Menz ihrem Abiturjahrgang, in dem sie quasi unmittelbar einlöste, was die Lehrerrede verlangt hatte, nämlich eigenständiges Denken und selbstverantwortetes Handeln.
Die Stunde des Schulvereins schlug mit der Ehrung der Jahrgangsbesten, die von der Vorsitzenden Frauke Schindelhauer-Kaufmann und der Schulleitung vorgenommen wurde. Dreimal wurde die Traumnote 1,0 und dreimal die Note 1,1 erreicht (Jan Mika Friedrich, Lea Siefert, Hannah Sophie Wilde, Victoria Deutsch, Maya Klingenberg und Lucio Schmitt).
Ebenfalls ausgezeichnet wurden Konrad Kißling, Vianne Rasmussen und Helene Menz für ihr soziales und gesellschaftliches Engagement, das von langjähriger SV- Arbeit über die Streitschlichter-AG bis hin zur Vorbereitung der Abiturfeier reichte.
Für die beste Leistung im Fach Englisch bekam der Abiturient Finn Beyer den Rosemary Cadigan-Preis, der jährlich von einer ehemaligen Englischkollegin ausgelobt wird, und für herausragende Leistungen in der schriftlichen Deutschprüfung wurde die Abiturientin Anna Schäfer ausgezeichnet. Auch sportliche Leistungen und hohes Engagement in der Nachwuchsförderung kamen nicht zu kurz; erstmals wurde die Pierre de Coubertin-Medaille als besondere Auszeichnung mit Ben Müller und Tobias Mück als Preisträger gleich zweimal verliehen. Zudem wurden besondere Erfolge im Bereich der Naturwissenschaften, die am Gymnasium Michelstadt als MINT-EC-Schule besonders gefördert werden, gewürdigt: Jana Evelyn Nentschel für die beste Leistung im Fach Mathematik, Paul-Philipp Stracke für die beste Leistung im Fach Physik, Maya Klingenberg für das beste Abitur im Fach Chemie sowie im Fach Biologie Hannah Sophie Wilde, die außerdem die Bedingungen für das MINT-EC-Zertifikat nach bundeseinheitlichen Kriterien erfüllt hatte und sich die von der Hochschulrektorenkonferenz anerkannte auszeichnung „mit besonderem Erfolg“ sicherte.
Nachdem Abiturient Julian Pfaul mit einer beeindruckenden Eigenkomposition am Klavier begeistert hatte, erinnerte ein Filmbeitrag der angehenden Filmhochschulabsolventin Vianne Rasmussen an emotionale und lustige Begebenheiten der Schulzeit, während traditionell das Männerballett des Abiturjahrgangs für gute Abschlussstimmung sorgte.